Liebe Schwestern und Brüder,

 

der Angriffskrieg der Russischen Föderation gegen die Ukraine hat mich erschüttert. Ohne Ankündigung und ohne Kriegserklärung rückten am Donnerstagmorgen russische Truppen in das Nachbarland ein. Viele Regierungsvertreter hatten in den letzten Wochen intensiven Kontakt mit der russischen Führung und vertrauten letztendlich den Äußerungen, der russischen Regierung keinen Krieg zu wollen. Trotz des massiven russischen Truppenaufmarsches an der Grenze zur Ukraine vermieden sowohl die Nato-Staaten als auch die EU und die Ukraine militärische Provokationen. Kurz vor dem Einmarsch bestritt Präsident Putin die Staatlichkeit und Souveränität der Ukraine, die Mitglied der Vereinigten Nationen ist und auch von Russland in verschiedenen internationalen Verträgen anerkannt ist. Der von Russland begonnene Krieg ist für mich ein brutaler Rechtsbruch um russische Machtinteressen durchzusetzen und –   so muss man wahrscheinlich hinzufügen – um die Macht der Mächtigen in Russland auch nach innen zu stärken. Denn das darf man nicht vergessen, was die russische Regierung jetzt mit dem Überfall auf die Ukraine nach außen getragen hat, praktiziert sie schon seit Jahren mit zunehmender Brutalität nach innen. Ohne Rücksicht auf irgendwelche nationalen oder internationalen Rechtsgrundsätze werden Menschen verfolgt, eingesperrt, gefoltert und getötet, die es wagen etwas gegen die russische Regierung zu sagen.

 

So weit meine persönliche Meinung zur politischen Einschätzung des Krieges in der Ukraine. In der Bibel wird sehr selten ausdrücklich zu dem Stellung bezogen, was wir „Staat“ nennen. Am bekanntesten dürften die Ausführungen des Apostel Paulus im Brief an die Römer im 13. Kapitel sein. Er schreibt: „Denn die Gewalt haben (also die Regierungen), muss man nicht fürchten wegen guter, sondern wegen böser Werke. Willst du dich aber nicht fürchten vor der Obrigkeit, so tue Gutes, dann wirst du Lob von ihr erhalten. Denn sie ist Gottes Dienerin dir zugut.

 

Was aber ist, wenn die Regierung selbst Gutes böse und Böses gut nennt. Und entsprechend handelt. Als Christen ist es sicher nicht unsere erste Wahl, mit Gewalt gegen Gewalttäter vorzugehen. Aber es ist auch nicht christlich zuzusehen, wie ein Gewalttäter immer mehr Menschen tötet, verletzt, ihre Rechte mit Füßen tritt und ihr Hab und Gut raubt oder zerstört. Regierungen, die sich an das Recht halten, sollten durchaus ihrerseits das Recht haben, einem Gewalttäter in den Arm zu fallen.

 

Als Christen in den Kirchen ist unser Beitrag zum Frieden das Gebet. Politiker und Politikerinnen, die auf Gottes Wort hören, müssen politische und eventuell auch militärische Entscheidungen treffen. Hier einige Beispiele für Gebete:

 

Gott,
wie zerbrechlich unsere Sicherheiten sind,
wie gefährdet unsere Ordnungen,
das erleben wir in diesen Tagen.

Wer sieht uns mit unserer Hilflosigkeit und Angst?

Wütend und fassungslos erleben wir,
wie Machthaber die Freiheit und das Leben vieler Menschen gefährden.
Wie am Rand Europas ein Krieg beginnt.
Was geschieht als Nächstes?
Welchen Informationen können wir trauen?
Was könnten wir tun, das helfen oder etwas bewegen würde?

Sieh du die Not.
Sieh unsere Angst.

Wie so viele suchen wir Zuflucht bei dir und Schutz,
innere Ruhe und einen Grund für unsere Hoffnung.
Wir bringen dir unsere Sorgen.
Wir bitten dich für die, die um ihr Leben fürchten,
und für die, die sich beharrlich für friedliche Lösungen einsetzen.

Wir beten mit Worten aus Psalm 121:
Ich hebe meine Augen auf zu den Bergen.
Woher kommt mir Hilfe?

Alle:        Meine Hilfe kommt vom Herrn,
der Himmel und Erde gemacht hat.
Er wird deinen Fuß nicht gleiten lassen,
und der dich behütet, schläft nicht.

Amen.

 

Barmherziger Gott,
wir haben Angst vor dem Krieg, der so viel Leid bringen wird –
für Menschen in der Ukraine, in Russland und in ganz Europa.
Wir beten für all die Verantwortlichen in Russland, der Ukraine,
Belarus, den USA und der EU,
dass sie Wege aus der Eskalation finden.
Lass uns alle abrüsten mit Worten und Taten.
Erweiche die Herzen derer, die hart geworden sind.
Bewahre uns vor der Willkür der Mächtigen dieser Welt
und bringe sie zur Erkenntnis ihrer Grenzen.
Segne uns mit deinem Frieden, damit dein Friede sich auf Erden ausbreite!

Vater unser…

Amen