Heute, wenn ihr seine Stimme hört, so verstockt eure Herzen nicht. (Der Brief an die Hebräer 3,15)

Liebe Schwestern und Brüder,

 

„unsere Gerechtigkeit“, ich habe Recht. Bei einer Meinungsverschiedenheit, bei einem Streit liegt mir sehr viel daran, Recht zu behalten. Habe ich deutlich einen Fehler gemacht, gibt es viele Gründe für diesen Fehler, die ich nicht zu verantworten habe. Ich habe alles richtig gemacht. Mit dieser Einstellung mache ich mich stark gegen andere.

 

So verhalten wir uns auch oft Gott gegenüber. Wir wissen ja, was er von uns will; wir kennen seine Gebote. Wir tun das, was unserer Meinung nach seinen Geboten entspricht. Gerade die Gebote Gottes verleiten uns dazu, uns Gott gegenüber stark zu fühlen, sagt Paulus.

 

Bringt es uns wirklich etwas, wenn wir so auf unsere Gerechtigkeit vertrauen? Wir fühlen uns groß und stark. Wir isolieren uns aber auch von unseren Mitmenschen und von Gott. Ja, wir sehen sie als unsere Gegner, die unsere Gerechtigkeit in Frage stellen, wir sehen sie als  Widersacher, die bezweifeln, dass wir alles richtig machen.

 

Auf Gottes Barmherzigkeit vertrauen heißt, darauf verzichten, eine eigene Gerechtigkeit aufzubauen, heißt nicht nachweisen zu wollen, dass ich Recht habe. Das tut weh. Das kränkt. Ein anderer legt mir seine Gerechtigkeit zu. Ich überlasse mein Recht einem anderen, Gott. Oder auch einem Mitmenschen. Wenn er mich anerkennt, ohne dass ich ihn mit meinen Argumenten überzeuge, dass ich Recht habe. Ich gebe mich in die Hand Gottes, in die Hand eines Mitmenschen. Das macht den Glauben so schwer.

 

Deshalb redet Gott mit uns. Er öffnet uns sein Herz, er zeigt uns seine Liebe. In Jesus Christus hat er sich alle Mühe gegeben, uns Mut zu machen, dass wir uns auf ihn einlassen und verlassen. Es tut uns gut, es tut unseren Mitmenschen gut, es tut auch Gott gut. „Heute, wenn ihr seine Stimme hört, so verstockt eure Herzen nicht.“

 

Hans-Peter Göll, Pfarrer